Am 27.09.2020 wurde eine amtliche Einwohnerbefragung zum Thema „Einkaufszentrum am Kreisverkehr Beller inkl. Verlegung des REWE-Marktes“ durchgeführt. Die Gemeindeverwaltung hatte diesbezüglich zuvor eine 56-seitige Broschüre herausgebracht. Eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile sucht man darin allerdings vergebens. Die sog. „Informationsbroschüre“ liest sich vielmehr wie eine Werbebroschüre für das Vorhaben. Die Vorzüge werden ausführlich dargestellt, während auf die Nachteile gar nicht eingegangen wird. Einen Hinweis auf beispielsweise die großflächige Versiegelung von mehreren ha und die damit einhergehende zusätzliche Hochwassergefahr sucht man vergebens. Auch die Erschwernis für viele, die bisher zu Fuß oder mit dem Fahrrad den REWE-Markt erreichen konnten, wird in der Broschüre nicht erwähnt.
Des Weiteren erscheint die Fragestellung auf dem Stimmzettel keinesfalls neutral. Sie enthielt nicht etwa nur eine mit Ja oder Nein zu beantwortende Frage, sondern drei Fragen, wovon zwei sich auf die Vorzüge im Falle der REWE-Verlegung bzw. des Baus eines neuen Einkaufzentrums bezogen. Schon allein die Fragestellung suggeriert damit, das Vorhaben hätte überwiegend Vorteile.
Insgesamt bemühte man sich offensichtlich sehr um eine einseitige Darstellung und massive Einflussnahme auf das Umfrageergebnis.
Dennoch entschieden sich die Einwohner des Ortsbezirks Holzweiler mit einer knappen Mehrheit gegen das Vorhaben. Der Ortsbeirat dagegen sprach sich in der Sitzung vom 25.02.2021 mit Stimmen von CDU und FWG mehrheitlich für das Vorhaben aus.
Erstaunlich war dann die rasante Geschwindigkeit, bei der freihändigen Vergabe des Auftrags für ein Planungsgutachtens für die Erstellung eines Einzelhandelskonzeptes am Kreisverkehr Beller an die Firma ecostra. Es handelte sich dabei um eine Auftragssumme von mehr als 24.000 Euro.
Bei Auftragssummen von mehr als 18.750 Euro müssen aber gemäß Vergaberichtlinien mindestens 5 Firmen zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden. Es gibt zwar Ausnahmen, die in diesem Fall aber alle nicht anwendbar sind.
Die von Bündnis 90/Die Grünen zu diesem Thema gebildete Arbeitsgruppe (mit Frank Halfen als Mitglied) kam überein, bei der Kommunalaufsicht einen Prüfantrag einzureichen. Dies geschah nur wenige Tage nach der Auftragsvergabe.
Die Antwort der Kommunalaufsicht vier Monate später war allerdings ernüchternd. Es ließ sich daraus entnehmen, dass nach deren Ansicht ein Verstoß gegen die Vergaberichtlinien nicht vorliegt, weil
- die Kosten im Nachtragshaushalt abgedeckt sind,
- der Auftrag schon vor dem Prüfungsantrag vergeben wurde,
- der Anbieter schon 10 Jahre vorher einen ähnlichen Auftrag bekommen hat (für das Einzelhandelskonzept in Gelsdorf).
Was lernen wir daraus: Um einer Prüfung durch die Kommunalaufsicht problemlos zu entgehen, kann ein Auftrag ohne weiteres freihändig, also ohne Ausschreibung, vergeben werden. Dieses sollte aber möglichst schnell und noch vor einem eventuellen Prüfantrag an die Kommunalaufsicht geschehen.
Kaum zu glauben, ist damit der Korruption nicht Tür und Tor geöffnet?